Berg und Werk – zwischen Romantik und KI
Die Lektüre zweier Novellen aus der Epoche Romantik erfordert die Auseinandersetzung mit dem Thema Bergbau, das uns als Ostfriesen zunächst eher unvertraut erschien.
„Der Runenberg“ von Ludwig Tieck und „Die Bergwerke zu Falun“ von E.T.A. Hoffmann veranlassten DE503, nach historischen Stoffen rund um die Grube zu forschen und selbst kreativ zu werden.
Es entstanden Gedichte und eine Fabel sowie auch ein Songtext, mit dem Laureen und Leni W. eine KI fütterten, die ein Lied daraus machte. Lesen Sie hier – und klicken Sie mal rein!
Freut euch auf „Oh Gott, hilf mir auf …“
Christine Korte

Glück in der Grube – Lilli Wölfle
Georg Heinzl mein Name,
ich war ein werdender Vater,
doch plötzlich, 1998 das Jahr,
da bildete sich über mir ein Krater.
Gerade so konnte ich mich retten,
da versperrte mir Gestein den Ausgang,
„das überleb ich nicht, darauf kann ich wetten“,
warten erschien mir hart und lang.
Den Gedanken bei meinem Kinde,
so hoffte ich, dass mich jemand finde,
neun Tage ohne Licht und Brot,
die anderen erklärten mich für tot.
Doch plötzlich – es stand mir offen der Mund,
ich wollte beinahe halluzinieren,
da sah ich die Rettung, einen Hund,
dank ihm konnte ich hinausspazieren.
Endlich wurde ich gefunden,
der Verlust der anderen ließ tiefe Wunden.
Alle Augen in Tränen versanken.
Es war dem illegalen Bau zu verdanken.
Link zur Geschichte: https://www.ennstalwiki.at/wiki/index.php/Grubenungl%C3%BCck_Lassing#:~:text=Das%20Grubenungl%C3%BCck%20Lassing%20am%2017,Hainzl%20wurde%20als%20einziger%20gerettet
Das Hauerstühlchen – Lina Peters
Die Arbeit im Bergwerk so anstrengend und schwer,
da muss eine Sitzgelegenheit her.
Die Männer schuften den Tag über lang,
von morgens bis abends sitzen sie dran.
Doch was ist die Lösung für das Problem,
ein Hauerstühlchen, nicht ganz so bequem.
Aber den Zweck erfüllt es dennoch sehr gut,
eine Pause wo man Kraft sammelt und ruht.
Die Bergmänner schuften den Tag über lang,
und nun haben sie etwas, wo man drauf sitzen kann.
Ein Hauerstühlchen, nur 25cm in der Höhe,
fanden Archäologen im Silberbergwerk mit Mühe.
Das dreibeinige Stühlchen aus dem 13. Jahrhundert das halbe,
stammt aus dem sächsischen Dippoldiswalde.
Nun befindet es sich in einem Museum,
und die Besucher bewundern die Entstehung.
Quelle: https://www.archaeologie.sachsen.de/aeltestes-hauerstuehlchen-europas-entdeckt-7160.html (zuletzt aufgerufen am 08.12.2025)
Oh Gott, hilf mir auf!
https://suno.com/song/5c7508ad-0744-4b32-9b27-3be8a32d6101?sh=VgEPCgaT20BReCcS
Oh Gott, hilf mir auf! – Laureen Kruse und Leni Wiltfang
Strophe 1:
Oktober dreiundsechzig, der Abend kam heran,
eigentlich schon zu Hause, doch dann,
der Gedanke an ein zusätzliches Weihnachtsgeld spornt mich an,
zusammen mit meinem Kumpel schufte ich hier,
bald ists 20 Uhr, dann ein Feierabendbier.
Strophe 2:
Jetzt sitzen wir fest, mit 130 Kameraden.
Voll Trauer und Angst, was kann uns jetzt noch tragen?
Schlamm und Wasser stehn uns bis zum Hals,
wir warten auf das Ende, es gibt keinen festen Halt.
Refrain:
Oh Gott, hilf mir auf, ich will noch nicht sterben.
Alles voll Staub, was soll das hier werden?
Ich geb‘ die Hoffnung nicht auf,
ich komm hier noch raus, oh Gott, hilf mir auf!
Strophe 3:
Ein Tag ist vergangen, ich sitze noch hier,
die Dunkelheit verbreitet sich in mir.
Da draußen in der Freiheit, versuchen sie‘s mit Mut,
uns zu retten, geht das wirklich gut?
Strophe 4:
Die ganze große Welt hat ein Auge auf Lengede,
ein Grubenunglück, das die Menschheit in Atem hält.
Sie stellen sich es vor, doch ich muss es durchleben,
die Todesangst in mir drin, kann ich je wieder leben?
Refrain:
Oh Gott, hilf mir auf, ich will noch nicht sterben.
Alles voll Staub, was soll das hier werden?
Ich geb‘ die Hoffnung nicht auf,
ich komm hier noch raus, oh Gott hilf mir auf!
Rattenschächte.
Eine Fabel. – Leni Birke
Vor langer Zeit war einmal eine Ratte. Die Ratte hieß Willhelm und wurde Willy genannt. Willy war bereits in seinen frühen Monaten ein eigenartiges Kerlchen gewesen. Stets stöberte er durch die engen Schächte, in die seine Familie sich nicht hineintraute, und kam oft zu spät, wenn überhaupt, zum gemeinsamen Schmaus am Abend. Willy war weder verpeilt, noch konnte er sich nicht orientieren, nein, es war viel eher so, dass Willy schon früh ein Drängen in sich spürte, zu einer großen Ratte, größer als alle anderen, heranzuwachsen. Insofern war Willy darauf bedacht, seine Eigenartigkeit nicht von anderen normieren zu lassen. So war es, dass Willy eines vielversprechenden Tages loszog mit dem Ziel, nicht zurückzukehren. Er wählte einen besonders engen und kantigen Ritz im Gestein, in den ihm ganz sicher niemand folgen würde. Es piekste und kratzte an seinem samtenen Fell, jedoch spornte ihn dies nur weiter an. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis die endlose Dunkelheit nicht mehr ganz so endlos schien und nun vielmehr schimmernd wurde. Willys spitze Nase zuckte in der leichten und seltenen Brise, so tief unter Tage. Willy war zwar farbenblind, so wie ihm seine Natur als Ratte gebot, doch war er sich sicher, dass das, was er jetzt sah, in allen Farben des Regenbogens schimmern musste. Es war ein Stein. Nein, ein Edelstein! So gewaltig, dass er Willy dreimal überwuchs. Willy konnte sich nicht sattsehen und richtete sich in der Enge ein Quartier ein, welches er nicht vorhatte zu verlassen. Konnte das wirklich sein? Hatte er sein Ziel so schnell erreicht? Und was wäre, wenn jemand ihn und seinen Schatz finden würde? Willys Knopfaugen blinzelten manisch und sein langes Schwänzchen zuckte wild. Nein, er würde nicht zulassen, dass ihm jemand dieses unterirdische Juwel nehmen würde! Er war Willhelm, ältestes seiner Geschwister und Namensträger seines Großvaters, einer prächtigen Ratte zu seinen Lebzeiten, welche einmal ein Stück Brot aus dem Kittel eines Arbeiters gestohlen hatte und die Familie für ein ganzes Jahr damit versorgt…
Es vergingen Tage und Monate. Wenn der Hunger Willy zu stark wurde, raffte er sich nur widerwillig auf, entfernte sich so wenig von seinem Schatz wie möglich und suchte sich Kleintiere aus unregelmäßigen Fugen. Wenn er etwas fand, schnappte er zu, manövrierte geübt zurück zu seinem Platz und beobachtete aufmerksam die Reflexion in der glitzernden Oberfläche des Edelsteins. Willy kannte nicht viele Worte, glaubte aber, dass „lecker“ und „warm“ nicht die richtigen für seine Empfindungen dem Stein gegenüber waren. Es ärgerte ihn jedoch nicht. Nichts ärgerte oder freute ihn, seitdem er seinen Schatz gefunden hatte. Lediglich der Anblick des Steines ließ ihn sich angekommen und stolz fühlen. Essen und Schlafen, wenn er seinen Stein nicht beobachten konnte, waren ihm eine Qual. Eines Morgens – sehr selten – denn es war immer Nacht im Stollen, fiel Willy. Es war spitz und hart, und er fühlte Angst. Angst um seinen Schatz. Ein Stiefel setzte neben ihm auf, dessen Besitzer schien ihn nicht zu bemerken. Er starrte, wie auch Willy, den Stein an. Der Mann schien Willy riesig, ein Riese, die Tapferkeit seines Großvaters war das Letzte, an das er in diesem Moment dachte. Er kannte Menschen nicht, geschweige denn ihre Sprache, doch nun sagte der Mann etwas, ein Wort, nach dem Willy all die Monate gesucht hatte. „Wahnsinn!“, flüsterte das Ungeheuer. Das war es. Sein Schatz. Sein einziger Erfolg. Er war Wahnsinn! In seiner tosenden Angst, was nun mit dem Stein passieren würde, war Willy doch irgendwie glücklich. Glücklich über das gefundene Wort und über die Bewunderung anderer, seinem Schatz gegenüber. Willy wusste nicht, welche Bedeutung der Wahnsinn hatte…
Und es war bitterkalt – Eltje-Katharina Johna Hermes
Am Morgen wie immer ging man ins Bergwerk herunter,
1946 – und es war bitterkalt.
900 Meter trug man Lamp‘ und Hammer hinunter,
Februar – und es war bitterkalt.
Nach Kohle man suchte, Methan in der Luft,
Schacht Grimberg in Bergkam‘ und es war bitter kalt.
Man schlug und man keuchte, arbeitete viel,
der 20. Tag – und es war bitterkalt.
Die Lampe, sie leuchtet, ein Funke, der springt,
Mittag – und es war bitterkalt.
Der Funke, er fliegt und findet sein Ziel,
466 – Mann und es war bitterkalt.
Die Luft wird heiß und sie zerbricht,
vorbei mit Schweiß,
Feuer und Wind sind auf Tod erpicht.
900 Meter tief, man weiß nicht, wie es geschieht,
wer kann, der flieht,
wer nicht, der liegt,
wer schreit, schreit sich heiser.
466 Mann, nur 64 lebten weiter,
1946 – und es war bitterkalt.
Historischer Kontext: https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag-grubenunglueck-bergkamen-schacht-grimberg-100.html